01.10.2015. „Einen deutlichen Sprung nach vorn“ erwartet sich die PI von der anstehenden Weltbischofssynode zu Ehe und Familie.
Wien, 01.10.2015. „Einen deutlichen Sprung nach vorn“ erwartet sich die österreichische Pfarrer-Initiative von der anstehenden Weltbischofssynode zu Ehe und Familie. „Die Bischöfe, die Kirchenleitung und auch wir Pfarrer sind zum Teil weit zurück geblieben hinter der Lebenssituation und dem Weg der Menschen und Familien heute – jetzt braucht es einen Sprung der Kirche vorwärts, um den Anschluss an die Lebensrealität der Familien wieder zu finden“, fordert Dekan und Pfarrer Bernhard Kranebitter, Vorstandsmitglied der Pfarrer-Initiative in Tirol, im Rahmen einer Pressekonferenz der PI in Wien.
Helmut Schüller, Sprecher der PI, ergänzt: „Es müssen sich in der Kirche ganz grundsätzliche Koordinaten verschieben: Statt dieses und jenes Sexualverhalten zu verurteilen, muss sich die Kirche wieder für die Menschen öffnen und Ihr Streben würdigen, Beziehung gewissenhaft zu leben. Wenn das gelingt, endlich hin zu einer grundsätzlich positiven Würdigung von Menschen in Beziehungen zu gelangen, dann wäre die Synode ein Erfolg. Dazu gehört auch, dass die Kirche den Menschen zubilligt, selbst die Zahl ihrer Kinder zu verantworten. Das ist eine Thematik mit globaler Tragweite und hier bedarf es eines ganz klaren Signals der Synode!“, so Schüller.
Die Bedeutung des persönlichen Gewissens als Motor für verantwortliches Handeln zeige sich gerade auch in der aktuellen Flüchtlingssituation. „In unserer Gemeinde ist ein Damm gebrochen, als die Flüchtlinge kamen. Da wurde auf einmal die enorme Hilfsbereitschaft und Aktivität von unzähligen Menschen und Gruppierungen sichtbar. Eine lebendige Pfarrgemeinde war essentiell, um die Kommunikation zwischen den verschiedenen Akteuren zu unterstützen und eine Plattform für interreligiöse Begegnung zu schaffen. Wenn das nicht stattfindet, entsteht eine Lücke, die gefährlich ist“, beschreibt der kärntner Hochschulseelsorger und Pfarrer in Krumpendorf Hans-Peter Premur die Erfahrungen seiner Gemeinde.
„Nur eine lebendige Pfarrgemeinde ist jetzt in der Lage, die Herausforderung der Flüchtlingsströme positiv aufzunehmen. Und lebendig heißt eben auch, in Kontakt mit Andersdenkenden, Andersreligiösen zu stehen, um gemeinsam handeln zu können. Da kann sich die Kirchenleitung durchaus etwas von ihrer Basis abschauen!“, so Premur weiter. „Für uns Christen bietet sich jetzt die Gelegenheit, die Bibel als eine Geschichte von Migration neu zu entdecken – angefangen bei Abraham, über Moses, die Heilige Familie bis hin zur Apostel-Geschichte. Flüchtlinge helfen uns dabei, uns selber neu zu entdecken“, ist Premur überzeugt.
Die Pfarrgemeinde Krumpendorf am Wörthersee hat seit Juli über 240 Flüchtlinge aufgenommen und mittels interreligiöser Dialoge und Feiern ins Dorfleben integriert. In Lienz brachte eine „Pfarr-Familiensynode - Kirche hört zu!“ ans Licht, was Liebende Ihrer Amtskirche in Sachen Ehe und Familie zu sagen haben. Die Ergebnisse wurden als „Brief an die Römer“ an die Bischofssynode übermittelt.
Angesichts der zentralen Bedeutung lebendiger Pfarrgemeinden als Orten der Solidarität und integrativem Bestandteil einer funktionierenden Gesellschaft zeigt Helmut Schüller Unverständnis für die fortgesetzte Praxis von Pfarr-Zusammenlegungen in Österreich und weltweit. „Vielleicht ist es wieder einmal Zeit, die Bischöfe an die Vision des Papstes zu erinnern: Die Kirche nah beim Menschen! Da bläst der Papst Wind in unsere Segel, und wir werden ihm unsere Unterstützung sicher nicht verwehren“, so Schüller.